Seiten

Freitag, 30. Juli 2010

Zauberwort Empathie

Häufig genug ist immer wieder etwas über das "böse" Internet zu lesen: Dass besonders Jugendliche nur noch chatten würden und die persönlichen Kontakte nicht mehr pflegen würden, dass wir nur noch virtuelle Freunde haben (sog. Facebookfreunde) und sich unsere zwischenmenschliche Kommunikation auf banale Twittermeldungen reduzieren würde.

Eine gang andere Sicht der Dinge beschreibt Thomas Knüwer in seinem Blog Indiskretion Ehrensache unter dem Titel "Der Sieg der schwachen Verbindungen". Er stellt die positiven Aspekte der Vernetzung und der sozialen Medien vor:
Ersetzt dies ein persönliches Gespräch, ein Treffen zum Abendessen, einen gemeinsamen Nachmittag? Nein. Das will auch niemand. Aber: Diese intensive Kommunikation ist eben für jene starken Verbindungen vorenthalten – ganz so, wie bisher. Der Schlüssel für unser Zusammenleben in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft ist Empathie: die Gabe, sich in andere Menschen hineinzuversetzen und bei allem, was wir tun, die Konsequenzen für andere zu bedenken. Wir sind nicht von Natur aus egoistische, aggressive Einzelkämpfer. Vielmehr sind Kooperation, Solidarität und Mitgefühl die Grundlagen unseres Zusammenlebens.
Innerhalb der Kommentare zu diesem Artikel gibt es ergänzend auch einen Link zu einer Studie von Prof. Dr. Franz Josef Röll "Einfluss neuer Medien auf die Kommunikation Jugendlicher". Knüwer nimmt im wesentlichen Bezug auf das Buch von Jeremy Rifkin "Die empathische Zivilisation: Wege zu einem globalen Bewusstsein".

Die hier gemachten Aussagen kann ich selbst nur bestätigen. Als Beispiel will ich nur anführen, dass ich über Twitter - genauer gesagt über das sog. Twittagessen bereits sehr nette und freundliche Menschen kennengelernt habe, die mir außerhalb der Twittermeldungen bis dato unbekannt waren. Und auch über Facebook wurden "alte" und neue Bekanntschaft neu belebt.

Donnerstag, 29. Juli 2010

Tipp: Evernote - der digitale Zettelkasten

Logo Evernote
Seit einigen Wochen habe ich eine Anwendung in Gebrauch, die ich gerne empfehlen möchte, weil ich selbst lange nach einer derartigen Möglichkeit gesucht habe.

Der Wunsch ist, Informationen auch verschiedenen Endgeräten zur Verfügung zu haben und diese auch miteinander abzugleichen bzw. zu synchronisieren. Hier bin ich auf Evernote gekommen, das in Sachen Zettelkasten eine glänzende Lösung darstellt.

Texte, Bilder, handschriftliche Notizen - sogar Tondateien werden auf den Server hochgeladen und stehen damit automatisch auf allen Endgeräten zur Verfügung. Diese können aus den unterschiedlichsten Bereichen kommen: Windows, Mac OS X, dem iPhone, Windows Mobile, Palm Pre, Blackberry und sogar im Webbrowser steht alles sofort zur Verfügung. Diese Daten können in unterschiedliche Notizbücher gelegt werden. Eine Verschlagwortung und eine Suche gehören natürlich dazu. Sogar eine OCR-Funktion für hochgeladene Grafiken runden den umfangreichen Funktionsumfang ab.

So kann ich beispielsweise auf dem Touchscreen-Handy eine handschriftliche Notiz schreiben, die dann auf dem Desktop später abgerufen werden kann. Oder man schickt eine Mail an eine bestimmte Adresse und hat diese Mail als Notiz im Kasten. Sogar so profane Anwendungen wie die Einkaufsliste sind problemlos zu managen.

Die kostenlose Version erlaubt einen monatlichen Datentransfer von bis zu 40 MB. Für Textnotizen dürfte das ausreichen. Wer hochauflösende Fotos zum Scannen verschickt, wird wohl zu der Bezahlversion wechseln müssen. Einziger Kritikpunkt ist - wie bei vielen Diensten dieser Art - dass die Daten zwar gesichert übertragen, aber nicht verschlüsselt gespeichert werden. Also sollte man bei sensiblen Daten auch hier Vorsicht walten lassen.

Eine kleine Einführung in Evernote gibt es übrigens auch hier unter loadblog.de. Außerdem hat Evernote eine eigene Appgalerie.

Montag, 26. Juli 2010

Front Office Assistant Manager im Face-to-face-Marketing

Wer sich auf diese Stellenanzeige bewerben sollte, braucht sich keine Sorgen darum zu machen, ob der einfache Hochschulabschluss möglicherweise nicht ausreicht und doch ein Examen einer Elite-Universität von Nöten wäre. Gesucht wird hier nämlich schlicht ein Verkäufer an der Ladentheke.

Vielleicht mag es dem Selbstwertgefühl der Verkäuferin helfen, wenn ein harter Knochenjob eine angelsächsische Umdeutung erfährt. Vielleicht ist es auch ein Beispiel für den Neusprech.

Hier ein Schnelldurchlauf weiterer denglischer Begriffe:

Montag, 19. Juli 2010

Draußen nur Kännchen

Es lohnt sich immer mit offenen Augen durch die Stadt zu laufen und die Handykamera "scharf" zu machen. Heute bin ich am Gelände des ehemaligen Wellenbades vorbeigekommen. Das Zentralbad ist bekanntlich 2001 abgebrannt und der unfreiwillig freigewordene Platz war bis vor kurzem einer der "Schandflecke"  Mönchengladbachs.

Nun wird hier die Bleichwiese entstehen. Ein gut gewählter Name, der an die Vorgeschichte erinnert. Denn hier floß der Gladbach und die umliegenden Wiesen wurden als Trocknungsflächen der dort ansässigen Bleichereien genutzt.

Die Bleichwiese ist ein temporäres Projekt, das eine Wasserfläche mit Gastronomie mit bis zu 200 Plätzen vorsieht. Es wird ein künstlicher See angelegt, der an seiner tiefsten Stelle maximal 1,50 m tief werden soll und weitläufig im seichtem Gewässer mit Kies und entsprechender Begrünung angelegt wird. Der gastronomische Bereich wird in zwei speziellen Seecontainern installiert, die natürlich durch spezielle Dämmung, einen optimalen Ausschank für die Gäste ermöglichen.
So kann man es im blog.41061.info lesen. Und eine Virtualisierung findet man dort auch:

Das erstaunt so manchen Gladbacher. Erstaunter war ich bei dem Baustellenschild:
Hier steht wirklich [draußen nur mit Kännchen]. Und ich frage mich nun wirklich, ob die Ironie gewollt oder ungewollt ist.

Samstag, 17. Juli 2010

Deutsches Englisch

Über den Blog basicthinking.de bin ich auf die Pressemitteilung des Verein deutsche Sprache gestoßen, der einen offenen Brief an die Telekom - hier an den Chef René Obermann geschrieben hat:
Sehr geehrter Herr Obermann, als deutschsprachiger Kunde einer deutschen Firma fühle ich mich von diesem Angebot auf den Arm genommen. Und ich würde mich sehr freuen, wenn Sie Ihrer Verantwortung als Vorstandsvorsitzender nachkommen und diesen Unfug in Zukunft unterbinden könnten. Leider habe ich bei der diesjährigen Wahl zum Sprachpanscher des Jahres schon abgestimmt. Hätte ich obige Skandalsammlung vorher gesehen, wären Sie mein Kandidat gewesen.
Es geht natürlich um die Verwendung diverser Begriffe aus der Telekom-Werbung. Und die zitierten Begriffe wie Business Flat Premium, Business National Flat, BusinessBasic, BusinessCall, Desktop Solutions, Domain Name Service, Octopus Mobility Services usw. haben in einer allgemeinverständlichen Werbung nichts zu suchen.

Nun begegnen uns in der schönen neuen Welt immr wieder neue Anglizismen. Dies ist - und hier widerspreche ich manchem Sprachpuristen - normalerweise Ausdruck einer lebendigen Sprache. Es gibt - gerade in den Fachsprachen wie der Informatik - Begriffe, die sich nicht eindeutschen lassen. Eine Loi relative à l’emploi de la langue française, ein Gesetz wie in Frankreich, das beispielsweise den Gebrauch englischer Werbesprüche ohne französische Übersetzung unter Strafestellt, wäre überflüssig. Jedoch wünscht man sich doch ab und zu eine derartige Regelung, um manchen Wortschöpfungen den Garaus zu machen. Ärgerlich sind Begriffe, die im Original nicht existieren oder eine ganz andere Bedeutung haben:

  • Dass es das Handy im englischsprachigen Raum nicht gibt, ist langsam bekannt geworden und hat sich bereits im Sprachgebrauch etabliert. Auch die Worte Talkmaster und Service-Point gibt es nur im Deutschen.
  • Public Viewing: In den USA wird damit die öffentliche Aufbahrung eines Toten umschrieben. Ich frage mich immer, ob uns die Amerikaner für Nekrophile halten.
  • Politiker verwenden gerne den Begriff "bis zum Ende des Tages". Auch hier wird die englische Metapher "at the end of the day" einfach 1:1 übersetzt. Im Original bedeutet sie "letzten Endes", "schließlich". 
  • Auch das englische Idiom "that means" wird immer wieder falsch verwendet. Worte, Zeichen und Ereignisse haben keine Meinung, sondern eine Bedeutung. Wer "that means" mit "das meint" übersetzt, ist sich des Bedeutungsunterschiedes zwischen "Bedeutung" (engl. "meaning") und "Meinung" (engl. "opinion") offenbar nicht bewusst. 
  • Peter's Frittenbude gehört offenbar schon zum normalen Sprachgebrauch. Die Orthografie bei den durch Apostroph abgetrennten Endungen mit -’s hat hier bereits kapituliert und den Genitiv endgültig in den Ruhestand geschickt. Mir gefällt es trotzdem nicht - lieber wäre mir dann die niederrheinische Verwendung demm Pitter singe Pommesbuud!
  • Aufgefallen ist mir in der letzten Zeit auch der Begriff Body-Bag. Auch hier weht wieder ein nekrophiler Hauch, denn ein body bag ist nämlich ein Leichensack.
  • Ein official ist übrigens kein Offizieller, sondern schlicht und einfach ein Beamter. Und administration sollte auch bitte in den Nachrichtensendungen nicht mit Administration übersetzt werden, sondern einfach mit Regierung.
Viele dieser Beispiele findet man übrigens auf  uebersetzungsfallen.de. Man wird feststellen, dass die schluderige Verwendung dieser Begriffe auch Einzug in den sog. Qualitätsjournalismus gefunden hat und nicht nur in der Werbung zu finden ist.

Diese Kritik hat nichts mit Sprachpurismus zu tun. Gerade in unserer niederrheinischen Heimat haben französische Lehnsworte eine lebendige Umgangssprache geschaffen. Schönstes Beispiel dafür soll die Herkunft der Fisimatenten sein. Die Ableitung des Wortes aus dem Französischen während der napoleonischen Besetzung des Rheinlandes: "Voulez vous visiter ma tente?" ist leider nicht sprachwissenschaftlich belegt, aber spiegelt dessen ungeachtet den Charme der Region wieder. Womit wir mit Charme, Trottoir und Paraplü wieder beim Thema sind. Hier sei das Wörterbuch des Landschaftsverbandes Rheinland empfohlen - wobei hier der Titel Rheinisches MitmachWörterbuch auch ein wenig die Ortografie anschrammt.

Wir wollen aber nicht zu griesgrämig werden und weiterhin unseren Coffee to go trinken und hin und wieder ein paar Termine canceln und ein paar Daten downloaden. Und Guido Westerwave zuhören, wie er gekonnt formuliert: I am the new germany outside minister. No one can reach me the water!

Freitag, 16. Juli 2010

Manieren 2.0

Höflichkeit ist wie ein Luftkissen: Es mag zwar nichts drin sein, aber sie mildert die Stösse des Leben. Das schrieb einst Arthur Schopenhauer und hat auch heute in der digitalen Welt seine Berechtigung. Nun ist es leider so, dass Freiherr Knigge diesen Bereich der zwischenmenschlichen Kommunikation nicht abdecken konnte. Glücklicherweise  hat jetzt die Telekom . genauer das Team des Creation Centers der Telekom Laboratories unter der Leitung von Raimund Schmolz - einen Katalog mit Verhaltensregeln aufgestellt.

Sicherlich nicht der erste Versuch hier eine Übersicht über gutes digitales Benehmen zu erstellen - gibt es doch bereits eine Netiquette und unzählige andere Vorschläge, das besagte Luftkissen zu befüllen.

Die (scheinbare) Anonymität im Internet, die schnelle Kommunikation per Handy, SMS und Email verleitet dazu schludrig zu werden. Wer hat sich nicht schon darüber geärgert, im Bus die Telefonate über private Details in aller Laustärke mit zu verfolgen?

So sind die 101 Regeln, die auf der Seite eEtiquette zu lesen sind, durchaus brauchbar. Ich fürchte nur, dass diese Vorschläge nie ihre Adressaten erreichen werden.

Sonntag, 11. Juli 2010

Orakel-Paul

Zu der schönsten Nebensächlichkeit bei der derzeit wichtigsten Nebensächlichkeit, der Fußball-Weltmeisterschaft, gehört der Zirkus um die diversen Orakeltiere, die den Sieg oder Niederlage der jeweiligen Mannschaften vorhersagen.

Die Konkurrenz im Tierreich im Kampf um den Titel des WM-Orakels war groß. Stachelschweine wurden konsultiert, Rochen befragt, Katzenhaie beobachtet. Übrig geblieben sind Paul, der Tintenfisch und Mani, der Papagei. Beide haben dem Vernehmen nach den bisherigen Turnier-Verlauf richtig "getippt" und duellieren sich nun im Finale.

Bereits bei der Europameisterschaft vor zwei Jahren hatte Paul fast alle Spiele richtig "getippt", indem er aus zwei mit verschiedenen Fahnen versehenen Behältern seine Belohnung immer zunächst aus dem des späteren Siegers holte. Paul ist nun schon älter geworden - seine Lebenszeit beträgt durchschnittlich vier Jahre - und ist auch in dieser Weltmeisterschaft mit seinen acht Armen, drei Herzen und neun Gehirnen gut dabei.

Seine Vorhersage, dass Deutschland gegen Spanien verlieren wird, sorgte für einige Aufregung. Sogar Rezepte ihn zu Krakenfleisch zu verarbeiten machten die Runde, so dass seine Sicherheit im Meerwasseraquarium Sea Life in Oberhausen für ziemlichen Wirbel sorgte. Natürlich titelte Bild mit Spanier wollen unser Kraken-Orakel entführen.

Nun entscheidet das heutige Hauptfinale über die Kompetenz der beiden Orakel-Konkurrenten. Papagei Mani zog die niederländische Karte und Paul hält weiter zu der spanischen Mannschaft.

Zumindest hat es der Octopus vulgaris Paul - wie sein amtlicher Name lautet bereits in die Wikipedia geschafft. Hier ein Video zum heutigen kommenden Spiel:





Das Bild stammt aus aus der Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. Urheber ist Tilla