Seiten

Samstag, 17. Juli 2010

Deutsches Englisch

Über den Blog basicthinking.de bin ich auf die Pressemitteilung des Verein deutsche Sprache gestoßen, der einen offenen Brief an die Telekom - hier an den Chef René Obermann geschrieben hat:
Sehr geehrter Herr Obermann, als deutschsprachiger Kunde einer deutschen Firma fühle ich mich von diesem Angebot auf den Arm genommen. Und ich würde mich sehr freuen, wenn Sie Ihrer Verantwortung als Vorstandsvorsitzender nachkommen und diesen Unfug in Zukunft unterbinden könnten. Leider habe ich bei der diesjährigen Wahl zum Sprachpanscher des Jahres schon abgestimmt. Hätte ich obige Skandalsammlung vorher gesehen, wären Sie mein Kandidat gewesen.
Es geht natürlich um die Verwendung diverser Begriffe aus der Telekom-Werbung. Und die zitierten Begriffe wie Business Flat Premium, Business National Flat, BusinessBasic, BusinessCall, Desktop Solutions, Domain Name Service, Octopus Mobility Services usw. haben in einer allgemeinverständlichen Werbung nichts zu suchen.

Nun begegnen uns in der schönen neuen Welt immr wieder neue Anglizismen. Dies ist - und hier widerspreche ich manchem Sprachpuristen - normalerweise Ausdruck einer lebendigen Sprache. Es gibt - gerade in den Fachsprachen wie der Informatik - Begriffe, die sich nicht eindeutschen lassen. Eine Loi relative à l’emploi de la langue française, ein Gesetz wie in Frankreich, das beispielsweise den Gebrauch englischer Werbesprüche ohne französische Übersetzung unter Strafestellt, wäre überflüssig. Jedoch wünscht man sich doch ab und zu eine derartige Regelung, um manchen Wortschöpfungen den Garaus zu machen. Ärgerlich sind Begriffe, die im Original nicht existieren oder eine ganz andere Bedeutung haben:

  • Dass es das Handy im englischsprachigen Raum nicht gibt, ist langsam bekannt geworden und hat sich bereits im Sprachgebrauch etabliert. Auch die Worte Talkmaster und Service-Point gibt es nur im Deutschen.
  • Public Viewing: In den USA wird damit die öffentliche Aufbahrung eines Toten umschrieben. Ich frage mich immer, ob uns die Amerikaner für Nekrophile halten.
  • Politiker verwenden gerne den Begriff "bis zum Ende des Tages". Auch hier wird die englische Metapher "at the end of the day" einfach 1:1 übersetzt. Im Original bedeutet sie "letzten Endes", "schließlich". 
  • Auch das englische Idiom "that means" wird immer wieder falsch verwendet. Worte, Zeichen und Ereignisse haben keine Meinung, sondern eine Bedeutung. Wer "that means" mit "das meint" übersetzt, ist sich des Bedeutungsunterschiedes zwischen "Bedeutung" (engl. "meaning") und "Meinung" (engl. "opinion") offenbar nicht bewusst. 
  • Peter's Frittenbude gehört offenbar schon zum normalen Sprachgebrauch. Die Orthografie bei den durch Apostroph abgetrennten Endungen mit -’s hat hier bereits kapituliert und den Genitiv endgültig in den Ruhestand geschickt. Mir gefällt es trotzdem nicht - lieber wäre mir dann die niederrheinische Verwendung demm Pitter singe Pommesbuud!
  • Aufgefallen ist mir in der letzten Zeit auch der Begriff Body-Bag. Auch hier weht wieder ein nekrophiler Hauch, denn ein body bag ist nämlich ein Leichensack.
  • Ein official ist übrigens kein Offizieller, sondern schlicht und einfach ein Beamter. Und administration sollte auch bitte in den Nachrichtensendungen nicht mit Administration übersetzt werden, sondern einfach mit Regierung.
Viele dieser Beispiele findet man übrigens auf  uebersetzungsfallen.de. Man wird feststellen, dass die schluderige Verwendung dieser Begriffe auch Einzug in den sog. Qualitätsjournalismus gefunden hat und nicht nur in der Werbung zu finden ist.

Diese Kritik hat nichts mit Sprachpurismus zu tun. Gerade in unserer niederrheinischen Heimat haben französische Lehnsworte eine lebendige Umgangssprache geschaffen. Schönstes Beispiel dafür soll die Herkunft der Fisimatenten sein. Die Ableitung des Wortes aus dem Französischen während der napoleonischen Besetzung des Rheinlandes: "Voulez vous visiter ma tente?" ist leider nicht sprachwissenschaftlich belegt, aber spiegelt dessen ungeachtet den Charme der Region wieder. Womit wir mit Charme, Trottoir und Paraplü wieder beim Thema sind. Hier sei das Wörterbuch des Landschaftsverbandes Rheinland empfohlen - wobei hier der Titel Rheinisches MitmachWörterbuch auch ein wenig die Ortografie anschrammt.

Wir wollen aber nicht zu griesgrämig werden und weiterhin unseren Coffee to go trinken und hin und wieder ein paar Termine canceln und ein paar Daten downloaden. Und Guido Westerwave zuhören, wie er gekonnt formuliert: I am the new germany outside minister. No one can reach me the water!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen